Die Autodröhner

Mannheims laute Söhne

Diese Ausrede können Michael Schwenk und Ralf Mayer nicht mehr hören: Die beiden Mannheimer Polizisten haben einen Autofahrer angehalten, der mit seinem getunten Wagen eben an ihnen vorbeigedonnert ist. „Den Wagen habe ich so gekauft“, sagt der Fahrer, „da ist alles original“. Nichts habe er am Auspuff manipuliert. Doch Schwenk und Mayer lassen sich nicht täuschen. Denn sie wissen, dass Lärm meistens eine Frage der Fahrweise ist und dass junge Fahrer oft Tausende von Euros in ihre Autos stecken, um sie mit Zusatzequipment schneller und vor allem noch lauter zu machen. Je infernalischer der Sound, desto besser.

Seit 2016 liegen Schwenk und Mayer regelmäßig auf der Lauer in der Mannheimer Innenstadt. Sie gehören zu einer Ermittlungsgruppe gegen sogenannte „Auto-Poser“ – junge Männer, die mit teuren Wagen und hohem Schalldruck vor allem eines suchen: Aufmerksamkeit.

Dieter Schäfer, der Chef der Mannheimer Verkehrspolizei, ist stolz auf diese Einheit: „Zwölf Städte haben inzwischen unser Modell übernommen“. Erfolgreich. Unter dem konstanten Kontrolldruck der Polizei ist es in Mannheim leiser geworden. Doch ganz vorbei ist das Poser- und Lärmproblem trotzdem nicht.

Dabei könnte die Politik die Nerven der Bürgerinnen und Bürger umkomplizert schützen, indem sie den Motoren- und Auspufflärm gesetzlich strenger regelt. Das aber tut sie nicht. Die Auto- und Zubehörindustrie hat die Lärm-Poser längst als zahlungskräftige Kundschaft entdeckt. Mit einem „dramatischen“ und „dröhnenden Sound, der sich über alle Drehzahlbereiche genießen lässt“ wirbt etwa ein Sportwagenhersteller für sein Modell. Den Extralärm gibt’s auf Knopfdruck, ganz legal und abgesegnet von den Genehmigungsbehörden.

Die SWR-Autoren Cornelia Uebel und Yüksel Ugurlu haben die Mannheimer Polizei bei ihren Einsätzen begleitet. Sie treffen Auto-Poser und lassen sich erklären, worin die Faszination brüllender Motoren liegt. Sie fragen nach bei der Autoindustrie, ob nicht weniger Motorenlärm mehr Lebensqualität für alle bedeutet.

SWR —  2019